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Kunsthalle Mannheim: Der Neubau wird eröffnet

Endlich – das neue Zuhause für die Werke der Mannheimer Kunsthalle ist bezugsfertig! Kurz vor Weihnachten, rund um das dritte Adventswochenende, wird der Neubau der Kunsthalle feierlich eröffnet und lädt bei freiem Eintritt zum Erkunden ein. Was genau die Besucherinnen und Besucher erwartet und wie die Neugestaltung der Kunsthalle weiter fortgesetzt wird, berichtet uns im Interview Dr. Ulrike Lorenz, die Direktorin der Kunsthalle Mannheim.

Delta im Quadrat, Beate Schittenhelm: Lange wurde geplant, rund ein Jahr lang war die Mannheimer Kunsthalle dann komplett geschlossen, nun steht die Fertigstellung des Neubaus und seine Übergabe an. Können Sie beschreiben, was hier entstanden ist? 

Dr. Ulrike Lorenz: Wir sind ein besonderer Ort in Mannheim, der sich fundamental vom alten Typus des Museums unterscheidet. Denn wir sind offen für alle Bedürfnisse und knüpfen direkt an den Alltag der Menschen an – auch mit unserer urbanen Architektur. Der Neubau wirkt wie eine „Stadt in der Stadt“ mit einem Marktplatz, den wir als Ort der Begegnung und des Austauschs sehen. Dieses 700 Quadratmeter große Tageslicht-Atrium mitten in der Kunsthalle steht allen Besuchern auch ohne Eintrittskarte offen. Am Freitag, 15. Dezember ab 18 Uhr, sowie am Samstag und Sonntag, 16./17. Dezember, lädt die Stiftung Kunsthalle Mannheim alle Bürgerinnen und Bürger ein, den fertigen Neubau bei freiem Eintritt zu feiern. Um die Potenziale des offenen, lichtdurchfluteten Neubaus spürbar werden zu lassen, präsentiert die Kunsthalle wenige wirkungsstarke Werke, u.a. von Anselm Kiefer, Rebecca Horn und Alicja Kwade.

DiQ: Wir kommen mit unseren Fragen mitten in die letzte heiße Phase des Bauprojektes hinein – wie ist jetzt im November, wenige Wochen vor der Neueröffnung, der Stand der Dinge? Ist gewissermaßen nur noch Feinschliff zu machen oder arbeitet man noch am Groben? 

UL: Wir arbeiten unter Hochdruck am Feinschliff. Vor dem Haupteingang wird aktuell eine Außenskulptur von Dan Graham aufgebaut. In der Roonstraße und der Tattersallstraße werden die Außenanlagen finalisiert. Im Innern sind einige Kunstwerke installiert wie z.B. eine raumbezogene Arbeit von Rebecca Horn auf unserer Skulpturenterrasse. Auch der Anselm-Kiefer-Raum ist bereits fertig, ebenso die Multimediainstallation „The Refusal of Time“ von William Kentridge. Es ist gerade die Einzigartigkeit des Neubaus mit einer Vielfalt faszinierender Innenräume und Ausblicke in die Stadt, mit offenen Kuben und Übergängen, die besondere Ansprüche an Klimatisierung, Sicherheit und Betriebsorganisation stellt. Testläufe und Einregulierungsphasen dauern daher etwas länger als geplant, was die Komplexität der Verschränkungen der knapp 100 im Neubau tätigen Gewerke in Bezug auf Logistik, Bautechnik und Organisation extrem erhöht hat. 

DiQ: Was macht die Kunsthalle zur Mannheimer Kunsthalle, zu einem Museum, das nicht genauso auch in einer beliebigen anderen Stadt stehen könnte?

UL: Wir hatten im Wettbewerb 2012 von allen teilnehmenden 29 internationalen Architekten exklusiv auf Mannheim zugeschnittene Entwürfe erbeten. Das Architekturbüro gmp – von Gerkan, Marg und Partner hat diesen Gedanken konsequent verfolgt und die Quadrate – also das, was von der Barockstadt noch übrig ist – als geistige Vorlage genommen. Wir haben diese klare, überzeugende Idee aufgenommen in unser eigenes Nachdenken über das neue Museum. Mit dem „Stadt in der Stadt“-Konzept knüpfen wir an die demokratischen Gründungsmaximen der Institution Museum an. Wir öffnen uns der Gesellschaft und den Menschen von heute. 

DiQ: Inwiefern wird die architektonische Neugestaltung der Kunsthalle auch die Ausstellungen selbst verändern? Macht eine neue Architektur es leichter, Kunst „zeitgemäß“ zu präsentieren? 

UL: Ja, das war unser Anliegen: Wir wollten ein Museumsgebäude, das uns organisatorisch und logistisch in die Lage versetzt, die Sammlungspräsentation in relativ kurzen Abständen zu verändern. Das ist das „Museum in Bewegung“. Wir präsentieren die Mannheimer Sammlung nicht mehr für die Ewigkeit, sie soll leben, atmen und sich ständig selbst erneuern, indem die Kunstwerke in stets neuen Kontexten gezeigt werden. 

DiQ: Wir haben den Neubau von innen zwar bisher nur auf Bildern und in Modellen gesehen, aber schon da waren wir ziemlich beeindruckt. Haben Sie keine Angst, dass die Architektur der Kunst gewissermaßen die Show stiehlt? 

UL: Keineswegs. Die Architektur ist spektakulär außerhalb der Kuben für Kunst, wie dem Atrium. In den Begegnungsräumen und Transferzonen gehen Kunst und Architektur ein spannendes Wechselspiel miteinander ein. In den Kunstkuben nimmt sich die Architektur hingegen ganz bescheiden zurück und gibt die Bühne frei für den Hauptakteur: die Kunst. 

DiQ: Wie entwickelt man eigentlich ein Ausstellungskonzept für Räume, die während der Vorbereitung noch gar nicht real existieren? 

UL: Mit viel Fantasie und Vorstellungskraft, mit einer unendlichen Anzahl an Grundrissplänen und Aufrissen, mit Renderings und Fotos des Rohbaus. Manche Kunstwerke – wie beispielsweise die „Arena“ von Rita McBride – haben wir aus Sperrholz nachgebaut, um uns die tatsächliche Wirkung dieses raumgreifenden Werkes vor Augen zu führen.

DiQ: Jetzt steht ja sehr viel mehr Platz zur Verfügung als früher – gibt das Freiraum, um zukünftig noch mehr Zeigenswertes aus den Archiven und Depots zu holen und sichtbar zu machen? 

UL: Ja, wir haben sehr viel Raum und Freiraum gewonnen – zum einen verfügen wir im ganzen Museum zukünftig über rund 5.500 Quadratmeter Ausstellungfläche. Die Nutzfläche des Neubaus beträgt 13.000 Quadratmeter. Das bereits erwähnte Konzept eines „Museums in Bewegung“ macht uns flexibler im Denken und in der Arbeit. Zudem verfügen wir nun über ein Schaudepot, in dem wir auch Kunstwerke zeigen können, die gerade in keine der kuratierten Ausstellungen passen, die uns aber dennoch so wichtig sind, dass wir sie der Öffentlichkeit zugänglich machen möchten. 

DiQ: Was ist Ihre „Empfehlung des Hauses“ – welches Kunstwerk oder Objekt hat für Sie eine ganz besondere Bedeutung?

UL: An den „Tagen der offenen Tür“ steht der fertige Neubau selbst im Fokus. Wir präsentieren im Dezember nur wenige ausgewählte Kunstwerke, die mit der Architektur in einen spannenden Dialog treten. Das Atrium wird von einem tonnenschweren Bleirelief von Anselm Kiefer bekrönt, das allein durch seine enormen Ausmaße beeindruckt. Über einer Fußgängerbrücke schwingen Bahnhofsuhr und Gesteinsbrocken von Hector-Preisträgerin Alicja Kwade. Einer meiner persönlichen Höhepunkte ist die Multimedia-Installation „The Refusal of Time“ von William Kentridge. Das ist ein Raum wie kein anderer im Neubau: roh und dunkel. Man taucht ein in eine faszinierende Inszenierung, die Zeit, Geschichte und die Vergänglichkeit des Lebens thematisiert.

DiQ: Und welche Ecke der neuen Kunsthalle, welcher Raum oder welcher Ausblick hat Sie spontan am meisten begeistert? Was sollte ein skeptischer Besucher zuerst ansehen, um sich überzeugen zu lassen? 

UL: Einfach kommen, reinschnuppern, selbst sehen und sich eine Meinung bilden… Und ganz wichtig: Ihre Erlebnis mit Freunden teilen. Alle können sich von den atemberaubenden Ein- und Ausblicken des Gebäudes überzeugen! Kaum zu übertreffen ist wohl der Blick von unserer Dachterrasse auf den Friedrichsplatz mit Wasserturm. 

DiQ: Welches Programm erwartet die Besucher dann zur Wiedereröffnung am 07. Juni 2018? 

UL: Beim „Grand Opening“ präsentieren wir die Sammlung in einer Neuinszenierung. Die erste Sonderausstellung ist dem internationalen Fotokünstler Jeff Wall gewidmet. Im Jugendstilbau lenken wir den Fokus auf die Geschichte der Kunsthalle Mannheim und zeigen „Erinnern. Aus der Geschichte einer Institution“, „(Wieder-)Entdecken – Die Kunsthalle Mannheim 1933 bis 1945 und die Folgen“ und „Carl Kuntz“. Im Herbst folgt dann die zweite Sonderschau: „Die Konstruktion der Welt: Kunst und Ökonomie“ (12.10.2018 bis 03.02.2019).

 

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