
Bühne
„Leben heißt tanzen, auch wenn’s brennt“ – „Cabaret“ im Capitol
Ein Musicalklassiker kehrt zurück nach Mannheim und mit ihm ein Stück Zeitgeschichte, das in unserer Gegenwart erschreckend aktuell wirkt: Im Capitol wird ab Sommer „Cabaret“ gezeigt, ein Stück, das zwischen Glanz und Abgrund changiert, zwischen Showbühne und gesellschaftlichem Umbruch. Warum sich das Team gerade jetzt für diesen Stoff entschieden hat, was die neue Inszenierung mit Mannheim zu tun hat und welche Momente sie selbst beim Proben besonders berührt haben, erzählen Sascha Krebs und Yvonne Geiger (Foto © René van der Voorden) im Gespräch mit „Delta im Quadrat“.
Delta im Quadrat: „Cabaret“ ist ein Klassiker der Musicalgeschichte. Warum habt ihr euch gerade jetzt dafür entschieden, das Stück zu inszenieren?
Sascha Krebs: Es begann eigentlich mit einem Anstoß bei der Derniere zu „La Cage aux Folles“, als Marcos Padotzke mich und Yvonne angesprochen hat, was denn zukünftig geplant sei. Einerseits schwärmte er von dem Stück, anderseits hat er es, zumindest in Teilen, ja auch schon gemacht, geprobt und arrangiert.
Yvonne Geiger: Wir hatten schon zuvor über das Stück nachgedacht, da es alle Voraussetzungen mitbringt, die notwendig sind: Es hat einen sehr bekannten Titel, mit dem so ziemlich jeder etwas anfangen kann, die Rechte sind erhältlich, es ist von der Ensemblegröße, dem Bühnenbild und auch vom Aufbau her umsetzbar im Haus. Letztendlich hat bei „Cabaret“ alles gepasst und wir haben uns dafür entschieden, auch wenn es noch andere Stücke gab, die uns gut gefallen hätten. Obwohl – oder gerade weil – wir es vor über 20 Jahren schon einmal im Capitol gespielt haben…
DiQ: Wie viel Berlin der Dreißiger steckt in eurer Inszenierung – und wie viel Mannheim?
SK: Das ist natürlich etwas, das das Leading Team, das Kreativteam entscheidet. Wir sind da beide stark eingebunden. Gerade in der letzten Woche gab es wieder ein mehrstündiges Meeting, bei dem wir durch das Textbuch gegangen sind, Ideen gesammelt und uns selbst hinterfragt haben, wie wir bestimmte Stellen sehen.
YG: Letztendlich müssen sich das die Gäste selbst anschauen und sich begeistern lassen und selbst herausfinden, wie viel Berlin bzw. Mannheim in der Inszenierung steckt.
DiQ: „Leben heißt tanzen, auch wenn’s brennt“ – was hat euch bei der Arbeit an „Cabaret“ am meisten berührt oder vielleicht sogar wachgerüttelt?
YG: Es ist ja noch ein laufender Prozess, die Inszenierung wird da sicherlich sehr berührend werden. Beängstigend war für mich, in der vertieften Auseinandersetzung mit dem Stück, die Wahrnehmung des Ist-Zustands: Wir haben heute die gleichen Themen wie in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Sehr berührt hat mich persönlich die Audition von Jennifer Siemann, die auch die Hauptrolle der Sally letztendlich bekommen hat. Da hatte ich Gänsehaut und die Tränen sind gelaufen. Toll, dass sie dabei ist!
SK: Auch die Audition von Susan Horn und Tilman Madaus, die wir gebeten hatten, eine kurze gemeinsame Szene zu spielen, um zu sehen, wie die beiden harmonieren, hat mich persönlich sehr bewegt. Das war auf Anhieb so fantastisch und berührend. Eine perfekte Besetzung für Fräulein Schneider und Herr Schultz! Ich kann Yvonne aber auch nur beipflichten, was Jennifer Siemann angeht. Beim Titelsong, den sie gesungen hat, lief es uns allen heiß und kalt den Rücken herunter.
DiQ: Inwiefern steht „Cabaret“ stellvertretend für eure Eigenproduktionen?
SK: Wir bezeichnen uns ja selbst als „LIVE.MUSIK.HAUS“. Es steht also immer eine Band auf der Bühne, jeder Ton wird live gespielt. Bei Cabaret ist diese Band mit zehn Köpfen sogar ein relativ große. Und was wir immer versuchen und was uns diesmal auch wieder gelungen ist: dass wir immer wieder neue Gesichter ans Haus bringen, wie dieses Mal Jennifer Siemann, Sascha Stead, Tilman Madaus, aber auch die bekannten Namen, nach denen die Fans rufen, allen voran natürlich Andrea Matthias Pagani und Susan Horn.
DiQ: Sascha, verrätst du uns als Programmplaner schon, was in der nächsten Spielzeit auf dem Spielplan steht – und worauf du dich persönlich am meisten freust?
SK: Natürlich auf Bülent Ceylan (Foto © Arno Steinfort), der uns weiterhin verbunden ist und im kommenden Februar an drei Abenden seine Vorpremiere bei uns spielt. Ich freue mich total auf Marianne Rosenberg im November und noch mehr auf Wolfgang Niedecken, der gleich Anfang Januar bei uns sein wird. Auch wenn die beiden sehr unterschiedlich sind, sind es doch zwei Ikonen der deutschen Musiklandschaft. Darüber hinaus freue ich mich selbstverständlich auch auf unsere Silvesterparty, Ulrich Tukur & die Rhythmus Boys und den wahnsinnig lustigen Tutty Tran. Und nicht zu vergessen auf unsere Eigenproduktionen getreu meinem Motto „endlich wieder was mit Queen“ – und auf die „Movie meets Musical“-Gala im kommenden Frühjahr. (Foto links © Ben Wolf)
www.capitol-mannheim.de