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Leben im Delta

Active life-health: Lauf, Marathon & Nordic Walking

Interview mit Marvin Molitor, Lauf- und Marathon-Coach und Nordic Walking Trainer,
Sportleiter Premium Plus Resort Schwetzingen

Delta im Quadrat, Tim Fischer: Hallo Marvin, erzähl mal – wie und wann bist du zum Laufsport gekommen?

Marvin Molitor: Hi Tim! Sport und Bewegung war schon immer mein Leben und hat daher seit jeher einen besonderen Stellenwert. So richtig zum Laufen bin ich erst mit Anfang 20 gekommen. Zu einem ausgewogenen, gesunden und leistungsorientierten Training gehört Kraft- und genauso Ausdauertraining einfach dazu! Meinen ersten Halbmarathon bin ich in Heidelberg gelaufen – ein wunderschöner Lauf durch die Altstadt und die umliegende Natur.

Ein Jahr später dann hier bei euch in Mannheim den Dämmermarathon! Super organisiert mit abwechslungsreicher Strecke und ebenso spannendem Starterfeld von Profi bis Jedermann war das ein rundum gelungenes Event und eine tolle Erfahrung. In Weinheim wurde vor ein paar Jahren von Abt Medien und anderen motivierten Firmen ein Spendenlauf ins Leben gerufen, bei dem auch Teams und Läufer von anderen Firmen teilnehmen konnten. Für jede Runde wurde dann ein Geldbetrag für einen regionalen und sozialen Zweck gespendet. Genau das Richtige für Pfitzenmeier – und stolz bin ich darauf, dass wir als Pfitzenmeier-Team tatsächlich auch die meisten Runden erlaufen haben! Jetzt denkt ihr bestimmt: Ja klar, bei dem Fitnessanbieter in der Region sind ja auch nur topfitte Sportler gestartet – aber ganz im Gegenteil: Hier waren abteilungsübergreifend Kollegen mit am Start, die sich gemeinsam für einen guten Zweck im Team engagieren wollten! Da für uns als Unternehmensgruppe das „Wir“ an oberster Stelle steht und „wir“ uns in verschiedenen Bereichen engagieren, war und ist der Spendenlauf für uns ein ganz ganz tolles Event.

DiQ: Wie bildet man sich im Laufsport weiter? Welche Möglichkeiten hattest du da?

MM: Mir persönlich war und ist immer wichtig gewesen: Wenn ich etwas mache, dann richtig! Daher ist es einfach nur genial, dass unsere „hauseigene“ Ausbildungsakadamie IFAA, die „Internationale Fitness und Aerobic Akademie“, auch zum Thema Laufen, Running und Walking Ausbildungen wie den Lauf- und Marathon-Coach, Nordic-Walking-Trainer und die Laktatleistungsdiagnostik angeboten hat. Diese Ausbildungen konnte ich innerhalb meines Studiums direkt besuchen und mir die nötige Kompetenz und das Know-how aneignen, um nicht nur ein guter Läufer zu sein, sondern auch professionell unsere Trainierenden betreuen zu können – eine perfekte Win-win-Situation für alle!

DiQ: Im Breitensport erfährt das Laufen in diesen Corona-Zeiten einen regelrechten Boom. Wie erlebst du das?

MM: Das kann ich auf jeden Fall bestätigen. Als Hundebesitzer bin ich jeden Tag draußen unterwegs und sehe mehr sportlich aktive Menschen, insbesondere Läufer und Walker, als je zuvor. Toll, dass Corona auch etwas Positives bewirkt!

DiQ: Viele glauben, sie müssten sich groß ausstatten zum Start. Wie siehst du das?

MM: Der Mensch ist ein Lauftier und kein Faultier! Wenn wir uns die körperliche Entwicklung des Menschen anschauen, dann hat die Evolution über Jahrtausende hinweg ein absolut faszinierendes Wunderwerk geschaffen. Von Natur aus sind wir für alle Eventualitäten, jegliche Alltagsbelastungen und Herausforderungen in Perfektion vorbereitet. Eigentlich… Denn durch unsere Lebensgewohnheiten, Alltagsbelastungen und den technischen Fortschritt agieren wir eigentlich genau gegen unsere natürliche Veranlagung. Der Mensch ist als Jäger, Sammler und deshalb auch als Läufer konzipiert, doch heute fehlen den meisten Menschen die angemessen Belastungs- und Trainingsreize. Wir jagen, sammeln, kriechen, klettern, rennen, kämpfen und springen nicht mehr wie früher. Unser moderner Alltag gewährt uns mit Hilfe von Auto, Fahrrad, Roller, Fahrstühlen, Rolltreppen, Computer, Handy und Internet eine nie dagewesene Komfortzone. Diese Komfortzone kennt jeder – spätestens, wenn der Fahrstuhl, der uns sonst gewohnt bequem ins zehnte Stockwerk gebracht hat, mal ausgefallen ist. Das Problem: Der menschliche Körper gewöhnt sich an seine Belastungsreize und passt sich daran an. Das nennt man in der Bewegungslehre das Prinzip der Superkompensation und Homöostase. Nun ist es leider so, dass der Körper ebenso auch auf Immobilität und geringe Belastungsreize reagiert. Mit fehlender Belastung wird er schwächer, langsamer, hat weniger Ausdauer und so weiter und so fort. Nun fragst du dich sicherlich, wieso ich das alles erzähle! Auf den Läufer oder Sportler bezogen bedeutet dies: Von Natur aus braucht der Mensch keinerlei Ausrüstung oder Hilfsmittel wie Laufschuhe, Pulsuhr oder Ähnliches. Im heutigen Zeitalter und unter Berücksichtigung der aktuellen Gegebenheiten aber eben schon! Zudem ist entscheidend, wen wir als Läufer bzw. Sportler definieren. Warum? Weil über die nötige Ausrüstung vor allem der Laufuntergrund und die körperlichen Voraussetzungen des Sportlers entscheiden. Hierzu zwei Beispiele: Uli ist sportlich aktiv, seit er laufen gelernt hat. Seit 40 Jahren gehört ein regelmäßiges Lauftraining zu seinem Alltag dazu, er ist seit jeher in Topform, Körperfettanteil 12%, ausgeprägte Muskulatur, ernährt sich gesund, weil er weiß: Der Motor läuft nur mit dem richtigen Treibstoff! Jedes Jahr läuft er mindestens drei Halbmarathons. Im Gegensatz dazu Tante Jutta: Seit sie laufen gelernt hat, ist ihr die Couch lieber. Sie schaut gerne ihre Lieblingsserie, kocht reichhaltig und lecker. Sport? In der Sportschau gerne. Betrachten wir Uli und Tante Jutta, wird schnell klar, dass wir hier zwei grundsätzlich unterschiedliche Voraussetzungen vorfinden und sich deshalb auch die Anforderungen an das Material (und ebenso an das Training) stark unterscheiden. Daher rate ich jedem, der sich für das Laufen interessiert: Lass dich professionell und kompetent beraten! Und hierbei meine ich nicht das World Wide Web, sondern den kompetenten Fachmann vor Ort. Aus eigener Erfahrung kann ich hier die Mitarbeiter der Running-Abteilung im Engelhorn Sports in Mannheim und den Lauf- & Marathonshop in Wiesloch empfehlen!

DiQ: Das Wichtigste ist wohl das optimale Schuhwerk, oder?

MM: Ja! Der Schuh muss perfekt sitzen und zum Läufer und seinen Anforderungen passen. Hierbei kann eine Laufanalyse oder der kompetente Blick des Fachmanns helfen, den richtigen Schuh zu finden. Hier gibt es diverse Kategorien, von Wettkampfschuhen, Neutralschuhen oder Laufschuhen mit Pronationsstütze bis hin zum Asphalt- oder Trailrunningschuh. Das Schöne: Der Preis entscheidet nicht darüber, ob es der richtige Schuh ist. Es muss nicht immer das aktuelle Modell sein, oftmals unterscheiden sich die Neujahrsmodelle von den Vorgängern lediglich in der Farbe. Hier gilt: Anprobieren und auf die Expertise des Fachpersonals vertrauen! Bei der Kleidung gibt’s nicht so viel zu beachten. Diese muss bequem sein, gefallen und passen. Funktionskleidung hilft selbstverständlich beim Temperatur- und Schweißmanagement besser als das dicke Baumwollshirt.

DiQ: Braucht man zwingend eine Pulsuhr?

MM: Das hängt wie immer von vielen Faktoren ab. Grundsätzlich gilt: Nein, natürlich kann man auch ohne Pulsuhr laufen gehen. Wir kommen damit ja nicht auf die Welt. Das eigene Körpergefühl kann hier ungemein helfen die Belastung subjektiv einzuschätzen. Hat man zu Beginn das Körpergefühl noch nicht, lässt sich dieses mit regelmäßiger Bewegung wieder antrainieren. Betrachten wir einfach nochmal Uli und Tante Jutta: Uli hat sicherlich ein tolles Körpergefühl und kann auch ohne Pulsuhr einschätzen, ob das Training ihn über- oder unterfordert. Trotzdem könnte er von einer gezielten Trainingsplanerstellung und einem pulsgesteuerten Training zusätzlich profitieren. Tante Jutta kennt ihren Körper wahrscheinlich noch nicht so gut, und ob ihr Training etwas bringt oder nicht, kann sie kaum einschätzen. Genau hier kann ein pulsgesteuertes Training helfen, dass der Einstieg leichter fällt, die Motivation hoch bleibt und sie Spaß bei der Bewegung hat! Selbstredend wird auch das Verletzungsrisiko gesenkt, da sie sich nicht über- und auch nicht unterfordern würde. Ein Trainer hat hier mannigfaltige Möglichkeiten, die Trainingsintensität zu steuern. Zur Bestimmung des Trainingsbereiches oder Trainingspulses gibt es einfache und komplexe Rechenformeln, Leistungstests wie eine Laktat-Leistungsdiagnostik oder Spiroergometrie, und auch geeignete Pulsuhren diverser Hersteller können den Leistungszustand messen und Trainingsempfehlungen geben. Hier kann also jeder vom Leistungssportler bis hin zu Tante Jutta mit dem geeigneten Hilfsmittel unterstützt werden. Grundsätzlich ist es aber so: Der Einstieg in das Laufen könnte kaum einfacher sein! Man braucht nur ein passendes Paar Laufschuhe, bequeme Kleidung und schon kann man loslegen!

DiQ: Welche Tipps hast du, wenn man das Laufen zum Teil des eigenen Lebens machen will?

MM: Für Hartgesottene gilt: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung. Für mich als Warmduscher heißt das: Bei schlechtem Wetter ziehe ich das warme Fitnessstudio mit Laufband vor. (lacht) Also Ausreden lassen sich zwar finden, aber es gibt auch immer einen Lösungsweg! Ansonsten mein Tipp für den Neueinsteiger: Lass es locker angehen! Und mein Tipp für den leistungsorientierten Sportler: Lass es locker angehen! Niemand muss zu Beginn 5 km am Stück joggen können, niemand muss zum Vollprofi mutieren und niemand braucht unbedingt ein High-Intensity-Training. Viel wichtiger als eine hoch intensive Belastung ist das regelmäßige und kontinuierliche Training – schneller und ausdauernder wirst du mit der Zeit von ganz alleine!

DiQ: Wie läuft das idealerweise mit der Steigerung und dem Fortschritt?

MM: Eist empfehlenswert, sich langsam und kontinuierlich zu steigern, anstatt von null auf hundert zu gehen. Unsere Muskeln und das Herz-Kreislauf-System passen sich sehr schnell an Belastungen und Trainingsreize an. Unsere Gelenke und Gelenkstrukturen, also Knorpel, Sehnen und Bänder, können das leider nicht genau so schnell, sie sind wenig bzw. gar nicht durchblutet und brauchen deshalb einfach länger, um widerstandsfähig zu werden. Viele Läufer kennen das Problem: Das Schienbein oder das Knie schmerzt! Die Belastung war zu groß. Der Körper reagiert darauf und sendet einen nett gemeinten Hinweis in Form von Schmerz. Verletzungen bzw. (Über-)Reizungen können durch eine lockere Herangehensweise vermieden werden. Anfängern schlage ich auch vor, mit klassischem Walking zu beginnen, denn hier werden die Gelenke aufgrund des fehlenden Sprunges deutlich weniger belastet. Mit der Zeit können dann kleine Running-Sequenzen ergänzt werden und so kann man sich peu à peu steigern, ohne den Spaß zu verlieren!

DiQ: Zum Abschluss eine Frage, die ganz häufig kommt: Was tun bei Seitenstechen?

MM: Ja, die Frage kommt in der Tat immer wieder. Wissenschaftlich geklärt ist das Thema noch nicht. Fest steht: Es sind keine gesundheitsgefährdenden Auswirkungen bekannt. Es ist zwar nervig, aber nichts Schlimmes. Solltest du Seitenstechen bekommen, war die Belastung vermutlich einfach zu hoch. Reduziere deshalb deine Geschwindigkeit und laufe ein paar Meter ruhig, bis das Seitenstechen wieder weg ist. Manchmal hilft es, beim Einatmen gegen den Brustkorb zu drücken und beim Ausatmen den Druck wieder wegzunehmen. Aber: Mach dir keine Sorgen, das kennt jeder!

DiQ: Danke für das Interview und viel Spaß beim Laufen, Walken und Bewegen!

 

 

Jenseits von Afrika: Fabienne Königstein in Kenia

Der Plan: Tokio 2021. Der Weg: Viele, viele Kilometer, die im Trainingslager in Kenia zurückgelegt wurden: Fabienne Königstein, MTG-Mannheim-Athletin und Deutsche Meisterin im Marathon, hat den Winter im westkenianischen „Läufermekka“ Iten verbracht. Im OlympiaMagazin, das in Sportstätten in der Region ausliegt, berichtet sie von ihrem Aufenthalt in Afrika.

„Die Eingeborenen mögen die Schnelligkeit nicht, so wie wir den Lärm nicht mögen…“, heißt es im Buch „Out of Africa“, dem Originaltitel des berühmten US-Films von Sydney Pollak mit Meryl Streep und Robert Redford. Die passionierte Marathonläuferin aus Wiesloch aber mag die Schnelligkeit – und die Ausdauer! Sie lebte wiederholt fünf Wochen im Trainingslager in Iten und lief in dieser Zeit ungefähr 750 km auf den staubigen roten Schotterpisten Kenias, die nach und nach von den Chinesen in schwarzen Asphalt umgewandelt werden. Das Gelände für die vielen Läufer dort ist profiliert und das tägliche Training in der Höhenlage von 2.400 Meter bedingt die gewünschten Trainingseffekte. Mit der Trainingsgruppe um Gesa Krause haben sich die deutschen Spitzenläuferinnen in diesem „Home of Champions“, wie es auf dem Ortschild von Iten unmissverständlich heißt, eingefunden, um sich möglichst optimal auf die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio vorbereiten zu können. Dass die Weltrekordhalterin im Marathon, Brigid Jepcheschir Kosgei (2:14:04 h), im Camp auf der gleichen Physio-Pritsche liegt, ist zusätzliche Motivation für alle.

Der Trainingsalltag ist hart, die Luft trocken und die notwendigen Kohlenhydrate liefert vor allem der Maisbrei Ugali in einer Umgebung, die mit einem Luftdruck von 760 mbar und einer Zeitverschiebung von nur zwei Stunden von Fabiennes Zuhause für viele Athleten und Läuferlegenden die Basis für Spitzenleistungen ist. Die häufig gestellte Frage der Einheimischen auf der Straße nach „Can I pace you?“ dient den Tempoläufen der angereisten Ausländer und dem Broterwerb der Einheimischen und zeigt das athletische Niveau derer auf, von denen Fabienne meint, dass „jeder zweite im Dorf schneller als ich unterwegs ist“. So auch ihr persönlicher Pacemaker James, der in einer Wellblechhütte ohne Strom auf seiner Matratze auf dem Erdboden mit weiteren vier Personen logiert und für einige Schillinge in der Stunde das Tempo im Training bestimmt. Mit ihm ist Fabienne aus der Heimat ein wenig über Facebook in Kontakt und er freut sich über die mitgebrachte Kleidung und hochwertiges Schuhmaterial, das hier in fünf Wochen dennoch deutlich an Profil verliert. Die Rufe der vielen Kinder von „How are you?“ bis „What’s your name?“ begleiten die Läufer stets, auch wenn das Anfassenwollen der Weißen wegen Corona eingestellt wurde und die Kinder davon ausgehen, dass Corona eine Krankheit der weißen Europäer und US-Amerikaner ist. Während das Doping-Kontroll-System hier „ein anderes“ ist, wie der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt mehrfach eindrücklich direkt aus Kenia berichtete...

Orientieren wir uns an Sir Rosevelt und seinem Song „The Bravest“, auf den sich das Athletenmotto von Fabienne bezieht – „A champion is someone … they don’t come to get it all … they come to give it all…“ – und nähern wir uns der Mentalität der kenianischen Läufereliten, die immer gewinnen wollen und in vielen Rennen die Pace von Anfang an bestimmen. Auch wenn diese Rechnung nicht immer aufgeht, sprechen die Weltrekorde und Olympiasiege doch für das große läuferische Herz der Hochland-Kenianer, das physiologisch und im übertragenen Sinn psychologisch für das Laufen geboren zu sein scheint und damit ein Weg zur Wertschätzung und Anerkennung für diese afrikanische Nation bedeutet. „Der Aufenthalt hier in Kenia entschleunigt total und die deutsche Akribie und Pünktlichkeit ist weit weg“, wie Fabienne Königstein betont. Das bringt Gelassenheit und hebt die Freude am Laufen. Schon möglich, dass die Kenianer die Schnelligkeit nicht mögen, aber gewinnen wollen sie von innen heraus allemal – und dann kann es durchaus laut werden „Jenseits von Afrika“ bei der Siegerehrung und beim Erklingen der Nationalhymne: „Ee Mungu Nguvu Yetu“, einem traditionellen Lied der Pokomo, das mündlich überliefert wurde mit dem Titel: „Oh Gott der gesamten Schöpfung“. (Christoph Steinbach, OSP)


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