Leben im Delta
Bei der Polizei gibt es nicht nur einen Job
Die Polizei in Baden-Württemberg bietet verschiedene Ausbildungswege und viele unterschiedliche Fachbereiche an, für die man sich spezialisieren kann. Welche das sind und wie man sich dafür bewerben kann, darüber haben wir mit Polizeioberkommissarin Bianca Erbs gesprochen. Sie ist bei der Polizei Mannheim auch als Einstellungsberaterin tätig.
Delta im Quadrat, Tim Fischer: Die Polizei Mannheim ist nicht nur im Einsatz auf den Straßen präsent, sondern auch ein moderner Arbeitgeber. Was macht die Polizei als Arbeitgeber attraktiv – gerade für junge Menschen, die auf der Suche nach Sinn und Stabilität sind?
Bianca Erbs: Als Einstellungsberaterin stelle ich seit Jahren fest, dass junge Menschen einen sehr dezidierten Fokus auf die Leistungen und Strukturen eines Arbeitgebers haben. Bereits in den Erstgesprächen werden immer häufiger konkrete Fragen zur späteren beruflichen Weiterbildung, zu Aufstiegsmöglichkeiten und weiteren Perspektiven gestellt. Auch interessiert viele die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, da die Polizei ja bekanntermaßen im Schichtdienst arbeitet. Aus den Motivationsschreiben lässt sich herauslesen, dass es jungen Leuten wichtig ist, einen Beruf auszuüben, der sinnstiftend ist, zum Allgemeinwohl beiträgt und unsere Gesellschaft stützt.
DiQ: Welche konkreten Berufswege und Spezialisierungen gibt es bei der Polizei Mannheim – abseits des klassischen Streifendienstes?
BE: Es gibt den klassischen Streifendienst, den man nach der Ausbildung im mittleren Polizeivollzugsdienst oder nach dem abgeschlossenen Studium mit Schwerpunkt Schutzpolizei im gehobenen Polizeivollzugsdienst ausüben kann. Darüber hinaus kann man sich im gehobenen Dienst im Studium für den Schwerpunkt Kriminalpolizei oder bei der Kriminalpolizei für „Cybercrime/IT“ entscheiden. Grundsätzlich sind alle Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten Generalisten. Eine Spezialisierung für Fachbereiche erfolgt erst später, doch die Auswahl ist dann riesig: von der Polizeihubschrauberstaffel, Wasserschutzpolizei, Polizeireiter, Motorradstaffel, Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit bis zur Spurensicherung – um nur mal einige zu nennen. Und über den Polizeivollzugsdienst hinaus arbeiten bei uns auch Verwaltungsbeamtinnen und -beamte sowie Tarifbeschäftigte, die uns in der Logistik, im Einsatz, im Sanitätsdienst, der Psychologie, Bootstechnik oder Pferdewirtschaft mit ihrer Fachexpertise täglich zur Seite stehen.
DiQ: Wie läuft der Bewerbungsprozess bei Ihnen ab – vom ersten Interesse bis zur Einstellung? Und welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um eine Karriere bei der Polizei starten zu können?
BE: Ideal ist es natürlich, im Vorfeld mit uns in Kontakt zu treten – zum Beispiel bei einer unserer vielen Veranstaltungen wie Praktika, Tag der Ausbildung, Nacht der Bewerber, „CopDay“ etc. Um sich bei der Polizei Baden-Württemberg erfolgreich bewerben zu können, benötigt man die mittlere Reife, die Fachhochschulreife oder das Abitur. Der Notenschnitt wird im Einzelnen nicht mehr beachtet. Bei uns gilt ganz klar das „Gebot der weißen Weste“, das bedeutet, dass man noch nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten sein darf. Alle müssen sich darüber im Klaren sein, dass das Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die Verfassungstreue, eine unserer täglichen Aufgaben ist. Weiterhin führen wir zwar bei der Einstellung keinen Sporttest mehr durch, aber Bewerbende sollten schwimmen können und ein aktuelles DOSB-Sportabzeichen besitzen. Die Mindestgröße für alle Bewerbenden beträgt 160 Zentimeter. Ausnahmen sind bei körperlicher Eignung möglich. Der BMI sollte zwischen 18 und 27,5 liegen. Wer nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, kann sich trotzdem bewerben, sofern er seine Muttersprache in Wort und Schrift beherrscht. Darüber hinaus muss er über eine befristete Aufenthaltserlaubnis, eine unbefristete Niederlassungserlaubnis oder über eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU verfügen und sich seit mindestens acht Jahren in Deutschland aufhalten.
DiQ: Und wie geht es dann weiter im Bewerbungsprozess?
BE: Nach Absenden der Bewerbung läuft diese bei den Einstellungsberatenden auf. Wir prüfen die Bewerbung und nehmen mit den Bewerbenden Kontakt auf. Sobald unsere Arbeiten abgeschlossen sind, leiten wir die Bewerbung weiter an die Hochschule für Polizei BW. Von dort wird der Einstellungstest terminiert. Nach dem bestandenen Einstellungstest bekommt man noch einen Termin beim Polizeiärztlichen Dienst, denn man kann nur in den Dienst eingestellt werden, wenn die Polizeivollzugsdiensttauglichkeit festgestellt wurde. Für die Ausbildung gibt es drei Starttermine im Jahr. Im mittleren Dienst geht es immer am 01. März oder 01. September los, der gehobene Dienst startet im Juli.
DiQ: Gibt es Möglichkeiten, sich zunächst einmal unverbindlich zu informieren oder hineinzuschnuppern – etwa über Praktika, Infoveranstaltungen oder Social-Media-Kanäle?
BE: Klar, jede Kontaktaufnahme mit uns ist unverbindlich. Wir beraten direkt, offen und nehmen kein Blatt vor den Mund. Wir bieten mehrfach im Jahr Schülerpraktika an und führen für Berufswechslerinnen und -wechsler sowie Studienzweifler ein Erwachsenenpraktikum durch. Uns ist wichtig, dass sich erwachsene Interessierte, die sich nochmals einer Ausbildung oder einem erneuten Studium stellen würden, ihrer Entscheidung sicher sind und mögliche Zweifel ausgeräumt werden.
DiQ: Viele Menschen möchten sich engagieren, ohne direkt eine Ausbildung bei der Polizei zu beginnen. Welche Möglichkeiten der Mitarbeit oder des gesellschaftlichen Engagements bietet die Polizei Mannheim außerhalb des regulären Dienstweges?
BE: Das kann ich total nachvollziehen, da ich selbst erst eine andere kaufmännische Ausbildung absolviert habe und erst später bei der Polizei BW die Ausbildung im mittleren Dienst gemacht habe. Heute würde ich mich vorher auf jeden Fall als Einsatzassistentin bewerben. Bei dieser Tätigkeit unterstützt man die Polizistinnen und Polizisten am Notruf. Während die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten die Einsätze koordinieren, arbeiten sie unterstützend, indem sie zum Beispiel ein Abschleppunternehmen für die Unfallstelle anfordern oder andere Anfragen durchführen. Außerdem beschäftigen wir Hausverwaltende, Fuhrparkverantwortliche, bei Polizeischulen auch Küchenpersonal oder beim Landespolizeiorchester Baden-Württemberg Berufsmusikerinnen und Berufsmusiker. Gutes Personal wird überall gebraucht.