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Leben im Delta

Der schiffbauende Maler Karl Gärtner

Eine ganz eigene Perspektive auf die drei Städte Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen, die „Delta im Quadrat“ ab jetzt monatlich von kultureller Seite her in den Fokus nimmt, hat der Mannheimer Grafik-Designer Karl Gärtner – zu sehen ist sie auf dem Titelbild unserer ersten Ausgabe. Die gut gelaunten „Stadtansichten“ zeigen mit filigranem Detailreichtum ausgestaltete Szenerien aus der Vogelperspektive: In Mannheim fliegen das Benz- und das Drais-Denkmal aus den Quadraten, in Heidelberg galoppiert das S-Printing Horse durch grüne Wälder, in Ludwigshafen schleudert die BASF chemische Formeln in den Himmel... je länger man sich in die „City Looks“ vertieft – die es übrigens auch für Städte außerhalb des Deltas gibt, Hamburg und Dresden beispielsweise –, desto mehr Neues lässt sich darin entdecken. Tim Fischer und Janine David trafen Karl Gärtner in seinem Atelier, einem Arbeitsraum in seiner Wohnung in einem Gründerbau an den Lauergärten, zum Gespräch.

Delta im Quadrat: Karl, du kannst inzwischen auf viele Jahre künstlerische Tätigkeit zurückblicken – weißt du noch, wie alles begann?

Karl Gärtner: Ich male und zeichne schon seit frühen Kindertagen – meine erste Erinnerung ist ein „Frühwerk“, das Mitte der Fünfziger in der Samstagsbeilage des Mannheimer Morgens veröffent­licht wurde: ein Zwerg und ein Pilz, gemalt mit ungefähr vier Jahren. Die Ausgabe müsste heute noch irgendwo bei meiner Mutter existieren...

DiQ: Und wie ging es dann weiter?

Karl Gärtner: Die Malerei begann zu Schulzeiten auf DIN A4, neben dem Malunterricht entstanden erste Autos und Schiffe. Und auch heute noch habe ich eine Vorliebe für alles, was brummt und knattert! Aber auch das Meer und weite Himmel können mich inspirieren, da wird alles fotografiert oder im Skizzenbuch festgehalten, um später zuhause im stillen Kämmerlein auf Papier gebracht zu werden.

DiQ: Eine künstlerische Ausbildung hast du auch absolviert?

Karl Gärtner: Eigentlich habe ich eine klassische Laufbahn als Maschinenschlosser eingeschlagen mit dem Ziel, als technischer Kaufmann ausgebildet zu werden. Es folgte ein Ingenieursstudium, doch da scheiterte ich an Mathematik. Ein Kollege machte mich dann auf die Werkkunstschule, die heutige FH für Gestaltung, aufmerksam. Dort entwickelte ich mich in acht Semestern zum ausgebildeten Grafikdesigner – rein ging’s mit kurzen Haaren, raus mit langen, es waren schließlich die Siebziger! Anschließend folgten Jobs als Freelancer und dann bei zwei Freunden in einer Agentur, ich fertigte Illustrationen an und zeichnete Erklärungen zu Arbeitsprozessen etc. für Kunden wie John Deere, Freudenberg oder EvoBus – dadurch, dass ich gewissermaßen technisch schon vorbelastet war, war der Weg geebnet für Kunden aus dem technischen Bereich. Für Pressemappen habe ich Busse gezeichnet, damals noch ohne Computer rein analog. Teilweise wurde der Bus in Einzelteile zerschnitten und mit Airbrush bearbeitet, aber als Airbrush vom Computer abgelöst wurde, habe ich wieder meine Pinsel rausgeholt. Denn einen Wunsch hatte ich immer im Hinterkopf: Ich will zeichnen und malen! Der zweite Wunsch, nämlich der, Automobil­design zu studieren, hat sich leider nicht erfüllt...

DiQ: Wie würdest du deinen eigenen Stil beschreiben?

Karl Gärtner: Ich bin Realist. Aber ich habe auch nichts dagegen, die Dinge manchmal etwas zu überzeichnen, den Strich locker aufzulösen. Zuerst war ich ja Zeichner, die Malerei kam erst später als Ausgleich dazu. Bei Zeichnungen für Kunden richte ich mich natürlich immer sehr genau nach dem Kundenwunsch; meine Malerei ist lockerer und verspielter und in den Städtebildern sieht man beispielsweise ja auch eine gewisse Art von Comic-Stil, der eindeutig von der zeichnerischen Seite her kommt.

DiQ: Wie definiert sich für dich Kunst? Was ist gute Kunst, welche Kunstwerke haben dich besonders beeindruckt – oder andersherum: Gibt es Kunst, mit der du so rein gar nichts anfangen kannst?

Karl Gärtner: Für mich muss es nicht immer teure zeitgenössische Kunst sein, die von Auktionären hochgejubelt wird. Kunst ist Geschmackssache – um das zu verstehen, reicht ein Besuch auf der art Karlsruhe. Die Alten Meister finde ich super, in ihren Werken zeigt sich die echte Handwerkskunst... damals gab es halt noch keine Fotografie. Turner beeindruckt mich sehr, beispielsweise die „Schlacht von Trafalgar“ im Greenwich Maritime Museum. Es darf aber auch freie Kunst sein – und Richter-Fan bin ich seit den Achtzigern. Generell mag ich Großformate und würde gerne auch selbst noch größer malen.

DiQ: Mal weg vom Zweidimensionalen : Wie kommen eigentlich die ganzen Modellschiffe in deine Wohnung?

Karl Gärtner: Daran ist eigentlich mein Sohn schuld. Der Kartonmodellbau war schon früher mein Hobby gewesen, geriet dann aber in Vergessenheit. Als mein Sohn klein war und gehütet werden musste, stand der Basteltisch im Wohnzimmer, denn die Zeit des Weggehens war vorbei für uns Eltern. Im Stern hatte ich Werbung für Modellbaubögen entdeckt und die Erinnerung an das Hobby aus der Jugend kam zurück... seitdem ist’s bei mir wieder maritim!

Karl Gärtner

www.illustrationsgaertner.de


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