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Leben im Delta

Die Braumanufaktur Welde

An der Flasche sollt ihr sie erkennen! Die Braumanufaktur Welde verbindet Traditionen – aus dem Jahr 1752 stammt der erste Registereintrag der Brauerei in Schwetzingen, da darf man wohl von Tradition sprechen! – mit kreativen Neuerungen wie der Einführung der charakteristischen Flasche mit dem so elegant geschwungenen Hals. Wie auch beim Inhalt Tradition und Experimentierfreude auf bewährte Weise zusammenfließen, erzählt uns Stephan Dück, Biersommelier, Braumeister und Technischer Leiter der Braumanufaktur Welde. 

Delta im Quadrat: Herr Dück, können Sie sich noch an Ihr erstes Bier erinnern?

Stephan Dück: Na klar! Das war ein Pils. Ich war 14 Jahre alt und nach einem gewonnenen Fußballspiel gab ein älterer Mitspieler einen aus. Meine Eltern wussten von diesem ersten Pils natürlich nichts. Obwohl ich aus einer Brauerfamilie stamme, war auch bei uns der Biergenuss eigentlich erst später erlaubt. Dieses Bier hat meinen Biergeschmack nachhaltig geprägt. Und so sind meine Favoriten Biere, die sehr hopfenbetont sind.

DiQ: Wie sah Ihr persönlicher Werdegang aus?

SD: Nach meiner Ausbildung zum Brauer in einer kleinen Familienbrauerei im Schwarzwald habe ich die Brauergesellen-Zeit in Oberfranken absolviert. Danach ging’s zum Braumeister-Studium ins Mekka des Bieres, nach Weihenstephan/Freising. Meine erste Stelle als Braumeister habe ich im Labor in einer größeren Brauerei im Allgäu angetreten, bevor ich ab 2002 zurück nach Oberfranken ging und dort erst zweiter und dann erster Braumeister bei einer Brauerei wurde. Seit 2009 bin ich Braumeister bei der Braumanufaktur Welde.

DiQ: Wie und wann sind Sie das erste Mal mit Craft Beer in Berührung gekommen?

SD: Schon lange bevor der Trend aus den USA nach Europa schwappte. In meiner früheren Wirkungsstätte in Franken gibt es viele kleine Brauereien, die schon ganz lange Biere brauen, die man heute Craft Beer nennt. Auch bei Welde war man diesbezüglich seiner Zeit voraus: Bereits 2009 brauten wir dort ein Jahrgangsbier mit besonderen Hopfensorten ein. 

DiQ: Was hat Sie daran gereizt, Craft Beer zu brauen?

SD: Mich hat gutes Bier und das Zusammenspiel von Hopfensorten und den anderen Rohstoffen schon immer interessiert. Deshalb bin ich Brauer geworden. Die Herstellung von gutem Craft Beer macht meinen Beruf besonders interessant.

DiQ: Craft Beer boomt mittlerweile gefühlt weltweit. Wie kommt das?

SD: Ganz einfach: weil die Aromenvielfalt beim Bier riesig ist und sich diese Tatsache endlich gegen nur gelbes, kühles und nasses Gebräu durchgesetzt hat. Die Menschen wissen eine gute Qualität auch beim Bier immer mehr zu schätzen und sind auch bereit, für verbrieft exzellente Produkte einen fairen Preis zu bezahlen. Vor allem profitieren ja die regionalen, kleineren Brauereien von dem Trend. Denn diese arbeiten wirklich handwerklich, da stehen noch Menschen im Sudhaus, in den Lagerkellern und am Gärtank. Die handwerkliche Herstellung ist das A und O beim Craft Beer. 

DiQ: Bitte erläutern sie den Herstellungsprozess. Was ist anders als bei anderen Bieren und Brauereien, was macht Ihr Craft Beer dadurch außergewöhnlich? Wie heben Sie sich vom Markt ab?

SD: Bei Welde ist uns handwerkliches Brauen mit Ruhe und Zeit wirklich wichtig. Wir stehen alle auf authentisches, kreatives und qualitätsbetontes Handwerk. Deshalb sind wir auch besonders stolz darauf, dass wir bereits 2015 vom internationalen „Slow Brewing Institut“ als „Slow Brewery“ zertifiziert wurden. Dabei geht es sowohl um Rohstoffqualität als auch um die Herstellungsprozesse und vieles mehr. Die ganze Brauerei wird jährlich überprüft, unser Welde No1 Slow Beer Pils monatlich. Beim Craft Beer haben wir noch großartigere Möglichkeiten, mit den Aromen von Hopfen, Malzen und Hefen zu arbeiten, als bei den klassischen Biersorten. Allein durch das Hopfenstopfen, auch Kalthopfung genannt, entfalten sich die vielen ätherischen Öle des Hopfens wesentlich intensiver im Bier. Wir bauen einige Biere in Holzfässern aus, in denen vorher Whisky, Rum, Tequila oder Sherry lagerte. Deren Aromen werden von dem Holz an das Bier abgegeben und schaffen mit den Zitrus-, Frucht- oder Kräuternoten aus den Hopfen eine wunderbare Komplexität. Da wir diese Fässer aber nur zwei- bis dreimal nutzen können, ist das natürlich eine sehr aufwändige Angelegenheit. Aber es  lohnt sich! Wir haben eine kleine Experimentier-Brauanlage, auf der ich gemeinsam mit meinem Kollegen Benni Wehle und oft auch mit Max Spielmann, dem Sohn von Welde-Chef Hans Spielmann und dessen designiertem Nachfolger, neue Bierstile teste und alte Stile wiederentdecke. 

DiQ: Wie sieht der klassische Arbeitstag eines Braumeisters aus? 

SD: Naja, ziemlich arbeitsintensiv und eine bunte Mischung aus Handwerk und Büroarbeit. Ein normaler Arbeitstag beginnt bei mir um 6.30 Uhr morgens und ich bin selten vor 17 oder 18 Uhr daheim. In groben Zügen sieht ein ganz normaler Tag ungefähr so aus: Morgens mache ich als erstes einen Rundgang durch die Brauerei und begrüße die Mitarbeiter, halte einen kurzen Plausch mit ihnen, bei dem ich Neuigkeiten, Probleme und Infos zum Tagesablauf erhalte. Und natürlich schaue ich täglich nach dem Wichtigsten: Was macht unser Bier – im Sudhaus, in den Gärtanks, den Lagertanks und den Holzfässern. Danach geht’s in die Füllerei zur sensorischen Probe des abgefüllten Bieres. Ich probiere das Bier zum Zeitpunkt der Abfüllung – frischer geht’s nicht. Hier trinke ich natürlich keine ganze Flasche, sondern verkoste nur einen Schluck. Das ist ein ganz wichtiger Kontrollpunkt, den auch unsere Mitarbeiter machen müssen. Denn nur das beste Bier soll ja in unsere Flaschen abgefüllt werden. Gegen 10/11 Uhr ist Bürozeit, dort widme ich mich als technischer Leiter der Brauerei dem umfangreichen organisatorischen Teil meiner Arbeit. Nachmittags schaue ich ebenfalls überall im Betrieb, ob alles läuft. Bei so vielen Produktionsanlagen ist der reibungslose Ablauf nicht immer eine Selbstverständlichkeit. Anschließend ist nochmal Schreibtischarbeit angesagt. Und dann freue ich mich natürlich auf mein Feierabendbier, das ich in aller Ruhe bei meiner Familie genieße.

DiQ: Was erwartet unsere Leser zukünftig aus Ihrem Hause? Können Sie bereits einen kleinen Ausblick geben? 

SD: Für dieses Jahr haben wir uns einiges vorgenommen. Das Welde-Stammhaus in Schwetzingen wird gerade nach dem leider unumgänglichen Abriss neu gebaut. Wir erweitern unseren Slow-Bier-Lagerkeller, acht neue Edelstahltanks wurden Ende 2017 geliefert, ab Mai 2018 liegt dort unser Slow Beer Pils und reift in aller Ruhe. Neue Biere sind in Arbeit: Von Kurpfalzbräu wird es ein Urweizen und ein Kellerbier geben. Und dann kommen natürlich einige neue Craft-Beer-Sorten, ein Citra Helles, ein Pale Ale, ein India Pale Ale und ein Stout. Sie sehen, bei und mit Welde bleibt es einfach spannend!

 


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