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Leben im Delta

Kann ein Bunker Lieblingsort sein?

Unpassend muss er gewirkt haben, als er neu am Rande der Neckarstadt zwischen den Wohnhäusern als massiver Klotz emporragte. Unter nationalsozialistischer Herrschaft von Zwangsarbeitern errichtet, sollte er die Bevölkerung vor dem Echo des Angriffskrieges schützen. Der Ochsenpferchbunker diente im Anschluss an den sinnlosen Krieg der Nazis bis in die 1960er Jahre als Notwohnstätte für obdachlose Personen. Erst 1966 zogen die letzten Bewohner aus dem Bunker aus. Im Zuge des Kalten Krieges war er dann vor allem wieder Bunker – Atombunker, um genau zu sein. Danach wurde er für die zivile Nutzung freigegeben und schließlich 2008 vom Stadtarchiv als Außendepot in Betrieb genommen. Seit 2018 ist er nun die Heimat des MARCHIVUM.

Der Ochsenpferchbunker ist ein Ort, in dem sich wichtige Einschnitte der Mannheimer, der deutschen und der europäischen Geschichte abbilden. Vor dem Hintergrund der verabscheuungswürdigen Bedingungen, unter denen er gebaut wurde, und der Konflikte, vor deren Folgen er die Bevölkerung schützen sollte, ist er uns heute ein Mahnmal. Und so könnte es wahrlich keinen besseren Ort geben, um sich mit der Geschichte der Stadt und den deutschen Verbrechen im 20. Jahrhundert auseinanderzusetzen. Dies können Interessierte in der Stadtgeschichtlichen Ausstellung „Typisch Mannheim!“ auf mal humorvolle, mal bedrückende, aber stets multimediale und interaktive Weise tun. Durch die digitale Präsentationsweise der Ausstellung finden alle den passenden Vertiefungsgrad. Und es darf schon vorausgeschickt werden, dass das NS-Dokumentationszentrum, das im Herbst dieses Jahres eröffnet wird, in derselben zeitgemäßen Art konzipiert ist. Regelmäßiger Anlaufpunkt ist das MARCHIVUM auch für historisch Interessierte, denen das Veranstaltungsangebot einen Raum zur Vertiefung ihrer Kenntnisse und zum Austausch mit anderen bietet. Die Archivbestände selbst stehen zudem allen offen, sodass Privatpersonen häufig zum Stöbern und Erforschen ihrer persönlichen Mannheimer Geschichte kommen und WissenschaftlerInnen für ihre Arbeiten recherchieren können. Am Neckarkanal gelegen, von der Sonne bestrahlt oder vom Nebel umhüllt steht der Bunker nun also da und ist liebgewonnener Anlaufpunkt für so einige Menschen. Und das beantwortet die etwas provokante Frage der Überschrift: Kann ein Bunker Lieblingsort sein? Ja, in diesem Falle kann er!


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