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Leben im Delta

Monnem Bike: Das Fahrrad feiert Geburtstag

www.monnembike.de

Wenn es um klimafreundliche Mobilität geht, wird immer wieder das Fahrrad ganz besonders angepriesen – im Gegensatz zum Auto braucht es kein Benzin, produziert keine Abgase und Feinstaub ist nur ein Thema für die Radlerlungen, nicht aber für die Anwohner von Radwegen. Als es erfunden wurde, gab es noch lange keine motorisierten Autos als Konkurrenz, aber das Klima spielte schon damals eine entscheidende Rolle: Nach einem katastrophalen Vulkanausbruch in Indonesien sah die Welt „ein Jahr ohne Sonne“. Die Folgen: Schnee im Juni, verheerende Überschwemmungen, Missernten, Hungersnot. Nicht nur bei den Menschen, sondern auch bei Pferden – und diese waren damals im Alltag das schnellste und praktikabelste Fortbewegungsmittel. So ersann ein badischer Tüftler Ersatz: Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn, geboren 1758 in Karlsruhe, baute das Ur-Vorbild aller Fahrräder. Die Draisine hatte zwei Räder, die auf einer Spur liefen, das vordere davon war lenkbar und der Fahrer stieß sich mit den Füßen ab, ganz ähnlich wie es heute dreijährige Knirpse auf ihrem Laufrad tun. Mit eigener Muskelkraft bewältigte Drais damit auf einer prominenten Probefahrt die 15 Kilometer von seinem Wohnhaus in den Mannheimer Quadraten zum Schwetzinger Relaishaus in Rheinau und retour in einer knappen Stunde und war damit schneller als die Postkutsche. Das war am 12. Juni 1817, quasi dem Geburtstag des Fahrrads, der in Mannheim genau 200 Jahre später mit einem Festival am Wochenende (10./11. Juni) samt Fahrrad-Artistik, Liegerad-WM, „World Klapp“ und Draisinen-Rennen vorgefeiert wird. Und weil sowohl das Rad als auch sein rundes Jubiläum eine rundum feine Sache sind, flankieren Veranstaltungen, Aktionen und Projekte die Geburtstagsparty – über mehrere Monate kommt hier unter dem Dach von „Monnem Bike – wo alles begann“
(www.monnem-bike.de) einiges ins Rollen! 

Wer sich zuallererst einmal einen Überblick über „2 Räder – 200 Jahre“ machen will, findet noch bis 25.06. in einer Ausstellung im Technoseum alles über „Freiherr von Drais und die Geschichte des Fahrrades“ anschaulich aufbereitet. Hier werden nicht nur die technischen Entwicklungsschritte des Fahrrades anhand zahlreicher Modelle von der ersten Laufmaschine übers Tretkurbelvelociped und das Hochrad bis zum modernen Singlespeed nachgezeichnet, sondern man geht auch der Frage nach, wie das Rad auf unsere Gesellschaft Einfluss genommen hat, was Fahrradfahren mit der Frauenbewegung zu tun hat, welche Physik hinter jener Sache steckt, die man angeblich nie verlernt, und wie das Rad in verschiedenen Teilen der Welt eingesetzt wird, um Verkehrsprobleme zu mildern. Mit Blick auf die Zukunft ist auch die Frage nach der idealen fahrradgerechten Stadt Thema der Ausstellung. Und darüber denkt man nicht nur im Museum nach: Auch der „5. Nationale Radverkehrskongress“ ist für dieses Jahr in Mannheim geplant; hier diskutieren Anfang April rund 800 Experten aus Stadtplanung, Politik, Wirtschaft und Verkehr über die Zukunft der Mobilität und einer fahrradgerechteren Verkehrspolitik. Denn wenn das Rad schon so im Zentrum des Interesses steht, betrifft das auch die Stadtplanung – auch und besonders in einer Stadt, die wie Mannheim in puncto Fahrradfreundlichkeit nur im absoluten Mittelfeld liegt, obwohl sie doch deutlich Potenzial hat: eine flache Topografie, eine überschaubare Ausdehnung und die Anbindung an eine zum Radfahren einladende Umgebung. Das kann auch selbst getestet werden: bei einer relaxten Fahrradtour der Tourist Information, die vom Hauptbahnhof durch die Oststadt bis zum ehemaligen Drais’schen Wohnhaus führt (25.03., 14.30 Uhr, Anmeldung Tel.: 0621/293-87 00).

Längst ist das Fahrrad nicht nur auf der Straße, sondern auch in allen künstlerischen Genres und Gattungen zuhause. Fahrrad und Musik begegnen sich beim Musical „Karl Drais – Die treibende Kraft“: Warum erfinden Leute etwas? Warum werden Ideen geboren und wachsen sich dann zu etwas ganz Großem aus – selbst wenn es manchmal eine ganze Weile dauert, bis die Erfindung sich endgültig durchsetzt? In Zusammenarbeit von Georg Veit, dem künstlerischen Leiter im Capitol, dem „Söhne Mannheims“-Produzenten Michael Herberger und dem Musiker Rino Galiano entstand ein echtes Mannheimer Musical, das Schlaglichter wirft auf Menschen, Zeiten und Ideen und das bei der Premiere im Februar begeistert gefeiert wurde (05.03., 22.04., 29.05., Capitol, Mannheim,
www.karl-drais-monnem-macht-musical.de). Eine Drais-Biografie in Romanform hat Johannes Schweikle pünktlich zum Jubiläum geschrieben – der Autor liest daraus am Do, 30.03. um 19.30 Uhr im Dalberghaus. Auch in den Film hat es das Rad geschafft – gezeigt wird im März der Klassiker „Tatis Schützenfest“, wo der Postbote François mit viel Komik und Slapstick zum radelnden Eilzusteller wird, und im April „Bikes vs. cars“, eine schwedische Produktion von 2015, in der Rad-Aktivisten, Stadtplaner, Politiker und Vertreter der Automobilindustrie zu Wort kommen; anschließend gibt’s eine Diskussion mit Vertretern von Critical Mass Mannheim (Do, 02.03., So, 02.04., je 19.30 Uhr, Cinema Quadrat, Collini-Center). Und sogar die Wege der Kunst kreuzen sich mit jenen des Fahrrads: Ab April werden auffällige „FlowerVelos“ die Stadt zum Blühen bringen, die in der Fahrrad­werkstatt der JVA Bruchsal zusammengeschweißt und mit Blumenkästen versehen wurden.


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